Digitale Nomaden – Zukunft oder doch nur Träumerei im Interview mit Aline Dahmen

Arbeiten wo andere Urlaub machen, im Lieblings Café oder bei sich zuhause ganz egal wo auf dieser Welt. Das ist der Traum vieler Menschen und das Leben als digitaler Nomade macht dies möglich. Online Arbeiten und somit ungebunden an einen Ort zu sein, bedeutet für viele Menschen mehr Freiheit. Oft wählt man als Arbeitnehmer seinen Wohnort nach der Arbeitsstelle aus und lässt sich somit etwas einschränken. Doch immer mehr Menschen entdecken den Weg des ortsunabhängigen Lebens. So auch Aline Dahmen, die 2015 anfing den Schritt als digitaler Nomade zu gehen. Wir konnten Sie für ein Interview gewinnenindem Sie uns genau erzählt was ein digitaler Nomade überhaupt ist und ob dieser Weg die Zukunft oder nur eine Träumerei des Arbeitslebens ist. 

Hallo Aline, wer bist du und was machst du? 

Ich bin Aline Dahmen und seit 2015 ortsunabhängig. Meistens halte ich mich auf der indonesischen Insel Bali auf. Ich bin virtuelle Assistentin im digitalen Marketing und außerdem selbstständig mit meinem eigenen Startup „Nomad Soulmates“ – eine weltweite Community für Singles, digitale Nomaden und ortsunabhängige Menschen. Viel zu viele Menschen finden den Mut nicht, die eigenen Träume zu verwirklichen die heimlich in einem schlummern und ich möchte genau diesen Menschen auf Plattformen wie Facebook, Instagram und auch bald YouTube weiterhelfen. 

Wann und wie hast du die Entscheidung getroffen als digitaler Nomade zu leben? 

Nach der Schule habe ich ein Auslandsjahr begonnen, da ich nicht wusste was ich beruflich überhaupt machen wollte. Irgendwie hat mich kein Beruf so wirklich überzeugt. Im Ausland habe ich dann erste Erfahrungen im Marketingbereich gewonnen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich entschied mich für eine Ausbildung in diesem Bereich. Zur selben Zeit entdeckte ich dann einen Artikel mit dem Thema „wie man Reisen mit Arbeit verbinden kann“. Meine Leidenschaft war schon immer das Reisen und so ging in mir eine unbekannte Welt auf. Vor mir sah ich eine komplett neue Möglichkeit mein Leben zu gestalten. Das löste in mir eine die Motivation aus, mich selbständig zu machen. 

Wie verlief dein Weg? Gab es verschiedene Anlaufstellen, die dir bei diesem Schritt geholfen haben? 

Nachdem ich den Blogpost 2015 gelesen hatte, blieb mir noch ein halbes Jahr lang Zeit, bis ich meine Ausbildung antreten sollte. Ich nutzte die verbleibende Zeit, um noch einmal zu verreisen. Mein Weg führte mich damals nach Asien, da ich bemerkt hatte das sich dort viele digitale Nomaden aufhalten. Dort angekommen habe ich mich in sogenannten Co-Working Spaces aufgehalten, um mich dort mit den verschiedensten Leuten zu vernetzen. Außerdem besuchte ich in Berlin ein zweitägiges Seminar genau zu diesem Thema. Ich war nach diesen Tagen so fasziniert von den Möglichkeiten, die sich mir eröffneten, sodass es auch eigentlich kein Zurück mehr für mich gab. Nach drei Monaten in meiner Ausbildung beendete ich diese, da ich nicht mehr glücklich war. Mit eigenen Ideen im Gepäck und auf eigene Faust startete ich mein Weg als digitaler Nomade. Damals hatte ich schon die Idee von meinem heutigen Start-Up “Nomad Soulmates”. Doch bis dahin musste ich erst einmal Geld verdienen. So kam es, dass ich mich als Freelancer bzw. als virtuelle Assistentin anmeldete. Hierfür benötigt man nicht unbedingt ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung. Um Fähigkeiten vorweisen zu können lernte ich, wie man Webseiten baut und schrieb viele Artikel. Diese Skills konnte ich später bei Kunden einsetzen. Heutzutage ist es besonders wichtig, dass man sich zum Experten spezialisiert und das Problem eines Kunden lösen kann. Das ist häufig wichtiger als ein Abschluss, denn bisher musste ich noch nie einen Lebenslauf vorlegen. Jetzt nach fünf Jahren mache ich alles rund ums Online Marketing. 

Und ja es gab auf jeden Fall Anlaufstellen, die mir geholfen haben. Gerade 2015 gab es kaum Leute, die diesen Weg gegangen sind und so war es umso schwerer jemanden zu finden der mich dabei unterstützt. Mir hat es geholfen mich über Facebook Gruppen mit digitalen Nomaden zu vernetzen. Hier war die deutschsprachige Gruppe DNX und auch deren Seminar mein erster Anlaufpunkt.  

Welche Schwierigkeiten kann dieser Weg mit sich bringen? 

Ja klar, gibt es auch Schwierigkeiten. Man sollte aber natürlich zwischen den verschiedenen Formen unterscheiden. Es gibt das Angestelltenverhältnis, Freelancer und die Selbständigkeit. Bei einem Arbeitgeber muss man im Vorhinein natürlich erst einmal abklären ob Home-Office möglich ist – was heutzutage aber ein absolut normales Gespräch sein sollte. Als Freelancer bist du auf dich selbst gestellt. Du musst Kunden gewinnen und dich selbst organisieren können. Wer schon einen festen Job hat aber gerne Freelancer werden möchte, dem rate ich dazu sich im Vorhinein schon Gedanken zu machen ob man dies wirklich möchte.  

Eine weitere Schwierigkeit war auch stark zu bleiben, denn oft haben die Menschen im Bekanntenkreis ‚bessere‘ Pläne und Vorstellungen für dich, und das schränkt viele ein, die diesen Traum haben. 

Sich selbst steht man oft am meisten im Weg, aber da muss man wirklich auf sein Herz hören und den Mut haben das einfach umzusetzen. Fehler gehören dazu und es wird gerade am Anfang sicher nicht einfach werden, aber wer die Flexibilität liebt und die Freiheit genießt sein eigener Boss zu sein, der weiß, dass es sich lohnen wird. Über die Jahre hinweg lernte ich in mich selbst und in das Leben zu vertrauen und Verantwortung zu übernehmen. Man entwickelt dann auch immer mehr den Mut seine Träume Wirklichkeit werden zu lassen. 

In welchen beruflichen Möglichkeiten kann man tätig sein? 

Ich habe mir meine Skills alle selbst beigebracht und mit der Zeit auch rausgefunden, was mir Spaß macht. Ist man schon in einem Beruf tätig kann man schauen, ob diese Skills auch übertragbar sind fürs Homeoffice. Man muss einfach mal nach ‚remote jobboards‚ googeln, und schauen, ob man fündig wird. Diese sind speziell auf Online-Tätigkeiten und für Freelancer ausgelegt. Aber auch in Facebook Gruppen kann man fündig werden. Gerade jetzt im Jahr 2020 sind ja durch die Pandemie viele weitere Firmen auf das mobile und ortsunabhängige Arbeiten umgestiegen. Man kann natürlich auch sein eigenes Unternehmen aufbauen, wenn man seine Ideen umsetzen möchte. 

Vermisst du manchmal bestimmte Dinge, die du zum Beispiel im Büro mit Arbeitskollegen hättest? 

Also mittlerweile habe ich mein eigenes Start-up mit einem kleinen Team an meiner Seite und zufälligerweise werden wir uns dieses Jahr zum ersten Mal offline treffen. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Teilen der Welt und reisen viel (USA, Kanada und ich meistens in Bali) und so ist es eben selten, dass man sich in Person sieht. Den persönlichen Kontakt vermisse ich manchmal schon auch. Ich glaube auch, dass der direkte und schnelle Austausch in einem Büro manchmal etwas einfacher wäre, aber es ist in keinem Fall ein Hindernis trotzdem effektiv zu arbeiten. Den persönlichen Kontakt möchte ich gerne in Zukunft auch durch gemeinsame interne Events fördern. Aber an sich ist es nicht so, dass ich das alles unbedingt vermissen würde, da ich trotz der Entfernung viel mit meinen Kollegen online über Geschäftliches aber auch Privates reden kann. 

Was denkst du ist das ortsunabhängige Leben die Zukunft? 

Wie man gerade in diesem Jahr sieht entwickelt sich alles in die Richtung online zu arbeiten und mehr im HomeOffice zu sein. Durch die Corona Krise wurden viele Firmen dazu gezwungen sich umzustellen und haben dabei festgestellt, dass vieles auch im Homeoffice geht. Ich gehe davon aus, dass dies in Zukunft auch weiterwächst. Denn gerade als Arbeitgeber kannst du dir viele Büroräume sparen und die damit verbundenen Kosten. Aber auch als Arbeitnehmer bist du flexibler und meist auch effektiver. Außerdem hätten Familienväter und Mütter mehr Zeit für ihre Familie, da sie zu Hause sind und sich die Zeit besser einteilen können. Das wiederum führt zu einer höheren Lebensqualität, da du frei entscheiden kannst wann du was machst und wo du leben möchtest. Ich habe diese Chancen gesehen und mich dazu entschlossen von Asien aus meine Kunden zu bedienen. 

Hast du Tipps für all diejenigen, die sich Ihren Traum vom Nomadenleben gerne noch erfüllen möchten? 

Ja, wenn ihr diesen Traum habt, dann versucht den Sprung zu schaffen, denn es geht doch im Leben darum seine eigenen Interessen zu leben. Das ist vielleicht erstmal eine Überwindung, und sicher auch nicht leicht. Man wird auf Kritiker und harte Zeiten treffen. Aber mit einem klaren Ziel vor Augen kann man so viel erreichen. Es geht darum, wer du im Leben sein möchtest. Wenn du erstmal keine Ahnung hast wie du starten sollst, dann lass dich erstmal von deinen Interessen leiten und folge dieser Richtung. Viele Menschen legen den Fokus darauf gleich viel und schnell Geld zu verdienen. Wenn man aber genug Zeit in seine echten Interessen investiert hat und weiß, was einem Spaß macht, dann macht man das auch gut und zieht automatisch andere Menschen an, die mit dir arbeiten möchten. So kannst du Schritt für Schritt dein Selbstbewusstsein aufbauen und das Geld kommt ganz automatisch, weil du erst etwas gibst (also Wert schaffst) und dann Geld dafür bekommst (und nicht anders herum). 

Hier geht’s zu Aline und ihrem Start-up: www.nomadsoulmates.com und https://www.instagram.com/meetaline/?hl=de